Schlagwort: Theater

Theaterwerkstatt Styrum

mit Gesine Hohmann

Im JuMa – Jugendhaus Marienplatz in Mülheim an der Ruhr fand in diesem Jahr unser Projekt „Theaterwerkstatt Styrum“ unter der Leitung von Gesine Hohmann statt. Seit Februar ist hier eine Gruppe mit jungen Mädels wöchentlich zusammengekommen, um gemeinsam ein Theaterstück auf die Beine zu stellen. Anfang September war dann der große Tag der Aufführung vor Freunden und Familie gekommen.

Die meisten der Mädchen kennen sich bereits und arbeiten schon zum dritten Mal zusammen ein Theaterstück aus. Wir haben es hier also mit einem eingespielten Team zu tun, das selbstverständlich auch neue schauspielinteressierte Kinder mit in ihren Kreis aufnimmt. Normalerweise wird eine ganz eigene Geschichte geschrieben. Da die Zeit in diesem Jahr etwas knapper war, hat die Gruppe sich an einer bereits erfundenen Geschichte orientiert. So sind die Kinder in die Haut der Mitglieder von Familie Madrigal geschlüpft. Alle Kenner wissen jetzt schon worum es geht, nämlich den Animationsfilm „Encanto“, der nicht nur voller farbenfroher Bilder strotzt, sondern auch viele Lieder zum mitsingen enthält.

Wie die Übersetzung des Titels aus dem Spanischen verrät, liegt der Geschichte ein Zauber zugrunde, denn alle Familienmitglieder haben magische Kräfte. Naja fast alle zumindest, denn Mirabel hat keine. Doch als die Magie plötzlich zu verschwinden beginnt, schlägt ihre Stunde. So viel zur Geschichte des Filmes. Da ein anderthalb Stunden Theaterstück allerdings keine Option war, bestand die erste Aufgabe für die Mädchen darin, die wichtigsten Handlungen aus dem Film zu wählen. Dazu haben alle gemeinsam immer 15 Min. des Filmes geschaut und anschließend versucht nachzuspielen, was hängen geblieben ist. So wurde in den ersten Wochen erstmal am Text gearbeitet und die dazu passenden Musikstücke aus dem Film gewählt. Neben bei gingen auch schon die Gedanken zur Rollenverteilung los. Dabei wurden die wichtigsten Charaktere ausgewählt und nach Wunsch und Können auf die 10 Kinder verteilt. Pepa wurde gleich doppelt besetzt. Die eine Besetzung mit einem taubstummem Mädchen. Auch wenn so eine Theaterprobe eine größere Herausforderung für sie darstellt, hat sie in der Gruppe ihren Platz gefunden und die Zusammenarbeit mit den anderen funktionier sehr gut.

Nachdem die Gruppe diese Aufgaben schon großartig gemeistert hatte, kam im nächsten Schritt die Inszenierung auf der Bühne sowie das Finden der passenden Tanzchoreographien zu den Songs auf sie zu. Hier nahm die Kreativität richtig Fahrt auf und kurzer Hand wurde zum Beispiel aus einem ferngesteuerten Rennauto eine Ratte, die tatsächlich über die Bühne huschen kann. Nun war also die grundlegende Planung fertig und es hieß üben, üben, üben. Auch mit den Kürzungen kam ein 30 Minuten langes Stück zustande. So eine Stücklänge hatte die Gruppe bisher nicht gehabt. Es hieß ja nicht nur Text lernen, auch die Choreographie und den eigenen Einsatzzeitpunkt muss man wissen und wo auf der Bühne stehe ich eigentlich? Während der Proben ging es dann zudem darum, wie ich zum Text mit meiner Stimme und meinem Körper die entsprechenden Gefühle der Figur rüberbringen kann.

Viele fleißige Stunden später war dann die Zeit des Auftritts gekommen und die Aufregung der Mädels stieg. Während die Gäste eintrafen, war großes Gewusel angesagt. Noch eben checken ob die Kulisse steht, alles an Ort und Stelle ist und ganz wichtig natürlich, ob jeder auch schon sein Kostüm trägt. Bei so viel anderen Aufgaben wurden diese nicht auch noch von den Kindern gemacht, sondern bestellt. So war die Ähnlichkeit von Schauspielerin und Charakter sehr groß. Sobald es losging, wurden die Zuschauer in die bunte Welt von Encanto entführt. Im ersten Song stellte sich die Familie Madrigal vor und alle tanzten singend über die Bühne. Zwischen den Liedern meisterten die Mädels ihren Text und es lief alles wie am Schnürchen mit der Ausnahme, dass kurzzeitig in die falsche Szene gewechselt wurde. Der kleine Patzer wurde elegant überspielt und weiter ging es mit Isabelle, die ihre Blumen verteilte. Zwischen Tageslicht und Partylicht wurde es auch mal grün im Raum, wenn Bruno aus seinem Versteck kam, oder ganz dunkel, sodass nur die paar Kerzen ein schummriges Licht erzeugten. So gab es neben den spannenden Szenen auch magische Momente, wie im Film. Es diente der ganze Raum als Bühne und am Ende des Stücks wurden auch die Zuschauer zum Feiern nach vorne geholt. Beim Finale haben sich die Darstellerinnen ganz stolz über ihre Leistung den verdienten Applaus abgeholt. Insgesamt war die Inszenierung ein voller Erfolg und hat die Quintessenz des Filmes in die echte Welt gebracht.

#traudich – Improshow mit Kidz & Teens

mit Rada Radojcic

Das Projekt „#traudich“ findet immer montags von 18 bis 20 Uhr im Theater Fletch Bizzel statt. Alle Kinder und Jugendliche, die gerne einen Blick in die Welt des Schauspiels werfen möchten, sind herzlich eingeladen vorbei zu schauen. Dabei ist unwichtig, ob sie schon Erfahrung in diesem Bereich gesammelt haben oder totale Laien sind.

Beim Improvisationstheater steht vor allem das Miteinander im Vordergrund. Es geht darum in der Interaktion mit anderen auf diese zu reagieren und eine gegenseitige Akzeptanz und Wertschätzung zu entwickeln. Dabei sollen die Kinder natürlich auch selber wachsen und ihr eigenes kreatives Potential kennenlernen.

Zu Beginn des Projektes werden die Teilnehmer*innen mit den Grundregeln des Improvisationstheater vertraut gemacht und in die elementaren Fähigkeiten eingeführt. Entscheidend dabei ist vor allem keine Angst zu haben und einfach loszulegen, denn falsch gibt es hier nicht. Die Kinder sollen möglichst kreativ und spontan handeln und ganz wichtig Spaß dabei haben und sich wohlfühlen. Um etwas reinzukommen, gibt es unendlich viele Warm-up-Spiele. Bei einem laufen alle über die Bühne, die hier ein Floß darstellt, was nicht untergehen darf. Das Motto ist also: möglichst gleichmäßig verteilen und dabei nicht stehen bleiben. Dann werden Zahlen von eins bis drei in den Raum gerufen, die jeweils einer Schnelligkeitsstufe entsprechen. Dabei sollte das Gleichgewicht des Floßes natürlich weiter gehalten werden. Hier ist schon mal Konzentration auf der Bühne gefragt, wobei das Schauspiel von außen eher wie ein wildes Durcheinander aussieht.

Wenn es dann darum geht ins Improvisieren einzutauchen, bekommen die Kinder zum Beispiel zufällig zwei Begriffe, die sie dann erstmal nur pantomimisch auf der Bühne darstellen sollen. Da kann eine Kombination aus den Wörtern „Hai“ und „Silly Walk“, also lustige Gangart, zu einem eher außergewöhnlichem Bewegungsmuster führen. Der Fokus liegt hier erstmal nicht auf dem sprachlichen sondern auf dem körperlichen Ausdruck, der im Theater genauso wichtig ist. Die nächste Stufe besteht dann darin, dass Gruppen gebildet werden und diese mit den Begriffen der einzelnen Mitglieder eine ganz neue Geschichte erfinden, welche sie dann zusammen pantomimisch auf die Bühne bringen. Das ist gar nicht so leicht, wenn viele kreative Köpfe eine Menge an verschiedenen Ideen in den Raum werfen. Die müssen alle erstmal sortiert werden. Man kann nicht immer alle aufnehmen, muss aber gucken, dass jeder einen Teil beitragen kann. Die Kinder lernen dabei aufmerksam und flexibel zu agieren, so wird klar, dass andere Menschen die eigenen Ideen weiterführen können und so gemeinsame entstehen.

Zu dem Kurs gehören natürlich auch klassische Schauspielübungen, wo es gilt in eine Rolle zu schlüpfen und dieser einen Charakter zu verleihen. Doch am Ende wird kein eingeprobtes Stück vorgetragen, sondern die Kinder zeigen ihren neu gewonnenen Mut und ihre Improvisationskünste bei einer echten Improshow auf der Bühne.

Biedermann & Brandstifter (Schultheater)

mit Eckhard Debour

Die Theaterproduktion „Biedermann & Brandstifter“ ist in Kooperation mit dem rohestheater in Aachen entstanden. Wir arbeiten bereits 20 Jahre mit dem Theater zusammen und unterstützen die dort entstehenden Produktionen immer wieder mit Freude.

Die aktuellste Aufführung, welche unter der Regie von Eckhard Debour entstanden ist, beruht auf dem Drama „Biedermann und die Brandstifter – Ein Lehrstück ohne Lehre“ von Max Frisch. Darin nimmt der Hauptprotagonist Gottlieb Biedermann zwei Fremde auf seinem Dachboden auf, die sich später als Brandstifter outen. Obwohl es immer wieder Anzeichen dafür gab, will er dies allerdings nicht wahrhaben. Biedermann spiegelt damit die bedenkliche Fähigkeit der Menschen wieder, eine erkennbar drohende Gefahr zu verdrängen und so dem eigenen Untergang bewusst entgegen zu gehen. Die Figur steht für feiges Anpassen an bestimmte Erwartungen und Normen, bei dem Konsequenzen des eigenen Verhaltens völlig missachtete werden.

Bei so einer anspruchsvollen Lektüre, fiel es den Schüler*innen vorerst schwer Biedermann zu verstehen und einen Transfer auf heutige Themen zu finden. Um den Zeit- und Realitätsbezug des Stückes sichtbar zu machen, haben sie sich während der Produktion damit auseinandergesetzt, für wen die Figur des Biedermanns heute stehen könnte. Die Verbindung zur NS-Zeit ist wohl die naheliegendste, doch auch in der Gegenwart finden wir „Biedermänner und -frauen“. Denn Homophobie, struktureller Rassismus und antidemokratisches Verhalten finden sich sowohl bei Privatpersonen als auch in staatlichen Organisationen wie Polizei, Militär etc. wieder. Durch die Auseinandersetzung mit den Thematiken der Produktionen wachsen die Jugendlichen und entwickeln ihre Persönlichkeit.

Die Komplexität des Stückes bot die Möglichkeit, dass alle Beteiligten zum Spielen gekommen sind. Zudem entstand so eine in jeder Hinsicht bunte Inszenierung, bei der auch schrille Neofarben ihren Platz fanden. Besonders eindrucksvoll war ebenfalls der Feuerwehrchor, der in jeder Szene in Rot als mahnende Erscheinung auftritt. Die Atmosphäre im Theater wurde durch exzellentes Zusammenspiel zwischen Licht, Musik, atemberaubenden Kostümen, der Dynamik des Bühnenbildes und natürlich der Dramaturgie der Schauspieler*innen, welche die Choreographien ausdrucksstark zum Leben brachten, bestimmt. Dementsprechend spektakulär ist es die Inszenierung auf der Bühne zu sehen. 

Das rohestheater hat bereits 1991 die erste Produktion „Lieder vom Krieg“ auf die Bühne gebracht und konnte so 2021 sein 30-jähriges Jubiläum feiern. Seit Beginn produziert die Theatergruppe der Mies-van-der-Rohe-Schule jedes Jahr aufs Neue atemberaubende Theaterstücke, die sich mit sozialen, politischen oder auch philosophischen Themen auseinandersetzen. Zu den Schauspieler*innen gehören neben gegenwärtigen Schüler*innen des Berufskollegs auch ehemalige und auswärtige.  Jeder kann sowohl auf als auch hinter der Bühne bei Kostümen, Technik, Bühnenbild und allem was sonst zu einer Theaterproduktion gehört mitwirken.

Mit jedem neuen Schuljahr beginnt auch eine neue Produktion, wo alle Beteiligten ihre Ideen miteinander teilen und zu einer Aufführung zusammenführen. Dabei werden neben Eigenproduktionen auch Werke von bedeutenden Schriftsteller*innen, wie Schiller und Büchner, auf die Bühne gebracht.

Weiter Informationen zum rohestheater und den vergangenen sowie aktuellen Aufführungen finden Sie unter: https://www.rohestheater.de/de/.