Jungen und Film
Es gibt zwei große Themen des Films, des Filmemachens, auch außerhalb des pädagogischen Bereichs. Dies sind eigentlich auch die zwei großen Themen von anderen Künsten: Das eine ist das große Thema Gewalt und Aggression, und das andere ist das große Thema Liebe und Beziehung. Diese Motive wird man zum Beispiel in einem Museum garantiert auch ohne uns Pädagogen finden. Wenn wir pädagogisch handeln, finden wir diese dominanten Themen des Lebens auch bei Jugendlichen. Wir müssen mit ihnen umgehen, aber sie haben nicht nur die problematischen Seiten, die wir immer eher im Auge haben, sondern auch die, die sich für das Künstlerische besonders eignen.
Eine Jungen-Videoproduktion ist zunächst einmal eine Jugend-Videoproduktion. Das heißt, wenn Jungen Filme machen, ist vieles ganz gleich, unabhängig vom Geschlecht. Was unseren Ansatz von Jugend-Videoarbeit in Wuppertal ausmacht, ist, dass wir in den Vordergrund rücken, dass sich Jugendliche künstlerisch und inhaltlich mit Filmen artikulieren. Sie machen Filme, beschreiben Geschichten oder auch Utopien ihres Lebens, fiktional im Spielfilm als Utopie oder dokumentarisch in Reportagen, reflexiv aus ihrem Leben. Wenn Jungen Filme machen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie solche Jungen-Projekte angelegt sein können.
Ich war vor ein paar Tagen auf einer Tagung des Dachverbandes der Medienpädagogen. Da ging es auch um geschlechtsspezifische Arbeit, und eine Kollegin hatte versucht zu recherchieren, was es in Nordrhein-Westfalen eigentlich an Mädchen-Medienprojekten und an Jungen-Medienprojekten gibt. Sie konnte stundenlang über die Mädchen-Medienprojekte referieren, weil einfach die Strukturen von Mädchenarbeit viel stärker vorhanden sind als die Strukturen von Jungenarbeit. Aber sie ist nicht auf die Idee gekommen, ein ganz normales Hip-Hop-Projekt als Jungenprojekt zu definieren, und auf die Idee ist wahr¬scheinlich auch der Kollege, der das Projekt angeleitet hat, nicht zurückgekommen. Das heißt, es gibt doch eine Menge Jungen, die – mit oder ohne Pädagogen – in Jungengruppen zusammengefasst arbeiten. Nicht alle diese Gruppen reflektieren natürlich das Geschlecht als solches. Das heißt, es gibt zum Beispiel Filmprojekte, in denen Jungen Filme machen, die keinen besonderen inhaltlichen Sinn haben sollen, sondern die als Sinn haben: „Ich will unterhalten. Ich will Spaß haben, ich will Spaß zeigen und ich nutze dafür Film.“ Das ist durchaus legitim, und das ist die Super-Grundlage von Film, auch von uns Filmemachern, die wir diese Filme anleiten. Der Spaß am Film, die Lust an der Darstellung, die Lust, eine Geschichte zu erzählen.
Den kompletten Vortrag als PDF oder Word-Dokument finden Sie unter Material.