
sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
JUNGENART Jungen – Kunst – Identität, so lautete der Titel der Tagung, die von der Landesarbeitsgemeinschaft Jungenarbeit Nordrhein-Westfalen und der Landesarbeitsgemeinschaft Arbeit Bildung Kultur NRW e.V. am 15. September 2008 im Museum für Kunst- und Kulturgeschichte in Dortmund durchgeführt wurde. Unterstützt wurde die Tagung durch das Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration
des Landes Nordrhein-Westfalen und das Kulturbüro der Stadt Dortmund.
Wir haben uns sehr gefreut, dass bei den Teilnehmenden so viele unterschiedliche Arbeitsfelder und Zugänge vertreten waren und dass viele von weit her angereist waren, u.a. Tübingen, Frankfurt, Nürnberg. Anwesend waren Fachkräfte aus der Jugendarbeit oder aus den Feldern der Hilfen zur Erziehung, ebenso aus der Jugendkulturarbeit, aus Jugendkunstschulen, aus den verschiedenen Maßnahmen zur beruflichen Integration sowie Lehrkräfte und Museumspädagogen und –pädagoginnen.
Auf dieser Website finden Sie die Ergebnisse und Diskussionen der Tagung, sowie Interviews mit Fachmännern zum Thema kulturelle Jungenarbeit.
Bei der Vorbereitung der Tagung wurde schnell deutlich, dass der „Jungendiskurs“ in den verschiedenen pädagogischen Arbeitsfeldern oftmals defizitär orientiert ist. Erwartungen an eine Tagung zum Thema „Jungen“ sind häufig mit dem Wunsch nach „Lösungsstrategien für Probleme, die Jungs machen“ gekoppelt.
Der Ansatz von JUNGENART war ein anderer. Es sollte ein Raum eröffnet werden, in dem Jungen mit ihren Kompetenzen und Potenzialen, ihrer Lust und ihrer Freude wahrgenommen werden. Die Tagung sollte Hinweise geben, wie Jungen mit ihren Fähigkeiten einen eigenen Ort in künstlerischen Konzepten und Angeboten der kulturpädagogischen Arbeit finden können.
Jungen empfinden große Lust am eigenen Ausdruck. Sie machen Musik, arbeiten mit neuen Medien, sie spielen Theater, sind bildnerisch tätig oder drehen Filme. Dabei zeigen sie sich kreativ, beharrlich und ausdauernd, witzig, ernst, sensibel, laut und leise. Dieses kreative Potenzial ist Ausdruck ihres Selbstverständnisses und zentral für ihre Identitätsbildung, die Entwicklung von Sozialkompetenzen und ihr späteres berufliches Leben. In der Kunst offenbaren Jungen die Bandbreite ihrer Identität und ihrer Auseinandersetzung mit gegebenen Lebenswirklichkeiten. Sie inszenieren sich, probieren etwas aus, entwickeln etwas weiter und sie beziehen sich auf gegebene gesellschaftliche Symbole und Rollenvorstellungen.
Das Sich-Ausagieren innerhalb der gegebenen klassisch konnotierten Rollenvorstellungen und das Überwinden dieser „scheinbaren“ Rollengrenzen sind somit Alltag kulturpädagogischer Angebote und können gelingende Jungenarbeit darstellen.
Ein fachlicher Austausch hierzu findet bisher kaum statt. Projekte im Zusammenhang von „Jungen und Kunst“ sind rar und eine geschlechterbezogene Reflexion dieser Projekte wird nicht immer vollzogen.
Während der Tagung JUNGENART entstand für alle Beteiligten ein Ort der fachlichen Auseinandersetzung zur geschlechtsbezogenen Arbeit mit Jungen im Feld Kunst und Kultur. JUNGENART trug dazu bei, Forschung und Praxis der kulturellen Jungenarbeit in Nordrhein-Westfalen zu initiieren, zu vernetzen, zu erweitern und fachlich weitergehend zu fundieren.
Zum Gelingen des Kongresses trugen einerseits kompetente Fachmänner bei, die von ihrer Praxis berichteten. Andererseits wurde das Feld „Jungen und Kunst“ aus Sicht der Jungenarbeit, der empirischen Forschung zum Freizeitverhalten von Jungen und der Kunst beleuchtet. Während der Tagung gab es Zeit, um miteinander in den Diskurs zu treten und die unterschiedlichen Erfahrungen der Teilnehmer auszutauschen.
Wir hoffen, sofern Jungenarbeit noch nicht ihren pädagogischen Alltag prägt, Sie zu motivieren mit Jungen geschlechterbezogen kunstpädagogisch tätig zu werden. Wir möchten Sie in ihren Projekten fachlich unterstützen und anregen und sind für Fragen und Anregungen Ihrerseits jederzeit offen.
Und wir hoffen, das ist uns besonders wichtig, dass diese Dokumentation dazu beiträgt, Jungen in der künstlerischen Arbeit wertschätzend zu begegnen, ihre Themen, Interessen und Fragen aufzugreifen und kulturpädagogische Arbeit auch als geschlechterbezogene Arbeit zu konzipieren.
Vera Szibalski, Martin Werner und Sandro Dell’Anna